Das WooCommerce Plugin von WeRePack.org macht es möglich, Versandkartons wiederzuverwenden. Wie können Onlineshops die Erweiterung nutzen, um einen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit zu leisten? Darüber sprachen wir mit Philipp Wellmer von WeRePack.
Philipp, ihr habt ein WooCommerce Plugin entwickelt, das dabei hilft, Versandabfälle zu reduzieren. Was ist der Hintergrund?
Es reicht ein Blick in die Altpapiertonne, um unsere Perspektive einzunehmen. Seit Jahrzehnten wird uns suggeriert, dass Recycling die Lösung unseres Müllproblems ist. Doch benötigt das Wiederaufbereiten eines durchschnittlichen Versandkartons beispielsweise 123 Liter Wasser und produziert 156 Gramm CO2.
Es braucht Chemikalien, um die Papierfasern zu lösen, frische Holzfasern von 0,0024 Bäumen und weitere Chemikalien, um die Fasern wieder zu Kartonage zu verarbeiten. Jeder Versandkarton, der nochmals verschickt wird, spart all das ein. Das Prinzip muss sein: “Reduce, Reuse, Recycle”. Den Konsum zu reduzieren, kann nur jede:r selbst, hier können wir wenig Einfluss nehmen.
Was wir mit WeRePack gleichwohl können, ist aufzuzeigen, dass es etliche Bereiche gibt, in denen Wiederverwendung mit einfachen Mitteln machbar ist und alle ganz einfach mitmachen können.
Integration in den Kaufprozess
Wie funktioniert das WooCommerce Plugin für Händler:innen? Und wie für die Kund:innen der Onlinehops?
Die kostenfreie Shop-Erweiterung gibt es auf WeRePack.org und auf WordPress.org zum Download. Sie muss lediglich installiert und aktiviert werden. Danach ist sie automatisch in den Kaufprozess eingebunden. Nun können Kund:innen mit dem Klick einer Checkbox ihre Zustimmung geben, dass sie ihre Bestellung – wenn vorhanden – in einer wiederverwendeten Versandverpackung erhalten möchten.
Einstieg in WooCommerce
Du interessierst dich dafür, einen Onlineshop mit WordPress und WooCommerce aufzubauen? Dann lies dir unser E-Book Onlineshops mit WooCommerce durch. Es verrät dir mehr dazu, wie du deinen Shop einrichtest und was du berücksichtigen musst.
Das Plugin bietet einige Anpassungsmöglichkeiten für die Händler:innen. So können sie wählen, wo und wie die Zustimmung der Kund:innen eingeholt wird. Zudem lässt sich optional ein Gutschein verknüpfen, der auf die Bestellung angerechnet wird, wenn Kund:innen die Option der schon mal gebrauchten Verpackung wählen. So lässt sich etwa die Kosteneinsparung für eine neue Verpackung mit den Kund:innen teilen.
Ebenso können auf der eigenen Webseite diverse Counter eingebunden werden, wie viele Verpackungen, Wasser, CO2 und Bäume gemeinsam mit den Kund:innen eingespart wurden. Ganz nach dem Motto „Tu etwas Gutes und rede darüber” möchten wir für Händler:innen damit einen zusätzlichen Anreiz schaffen.
Organisation der Verpackungen
Welche Prozesse müssen die Händler:innen etablieren, bzw. was bedeutet es für sie an zusätzlichem Aufwand, um Verpackungen mehrfach zu verwenden?
Der Mehraufwand hält sich mit etwas Kreativität in Grenzen. Da sich das WooCommerce Plugin sehr einfach in den Bezahlvorgang einbinden lässt, stellt die größte Hürde derzeit das Beschaffen von geeigneten Versandverpackungen dar. Manche Shops haben durch Retouren bereits genutzte Verpackungen, andere sammeln in der Nachbarschaft oder gehen Kooperationen zum Beispiel mit Supermärkten in der Nähe ein, wo Kartons in geeigneter Größe zur Seite gelegt werden.
Wir arbeiten an einer Infrastruktur, in der bereits genutzte und einwandfreie Verpackungen gesammelt, sortiert, an Händler:innen übergeben und nochmals verschickt werden können. Im Idealfall erreichen wir neben der positiven Wirkung auf die Umwelt auch eine Kostenersparnis für Händler:innen und zukünftig ein Einkommen für Menschen in prekären Situationen.
Unser Team hat eine sozial-unternehmerische Brille auf und wünscht sich sowohl den ökologischen, als auch den sozialen Impact auszubauen zu können.
Aus euren ersten Erfahrungen heraus: Wie groß ist die Bereitschaft der Onlineshops aber auch der Kund:innen, auf gebrauchte Verpackungen zu setzen?
70 Prozent der Kund:innen wählen im Bezahlvorgang die Möglichkeit, ihre Bestellung in einer bereits genutzten Verpackung zu erhalten. Das können wir messen, da manche Shops die Zahlen der Zustimmungen mit uns teilen, was auf unserer Webseite eingesehen werden kann. Die Messung des Impacts ist für uns sehr wichtig, um andere Onlineshops zum Mitmachen zu bewegen.
WordPress grüner machen
Das Internet, WordPress und WooCommerce verbrauchen jede Menge Ressourcen. Wie lässt sich WordPress generell nachhaltiger machen? Lies dir hierzu unsere Beiträge „Grünes“ WordPress und CO2 einsparen bei der Plugin Entwicklung durch.
Es zeigt sich, dass die meisten Kund:innen gar keine Probleme mit wiederverwendeten Verpackungen haben und sie diese sogar für die bessere Option halten. Händler:innen zum Mitmachen zu bewegen ist im Vergleich dazu ein ziemlich großer Aufwand. Da wir alle ehrenamtlich an dem Projekt arbeiten, fehlt uns oft die Zeit Shops rauszusuchen und gezielt anzuschreiben. Dementsprechend setzen wir auf Mundpropaganda und Kommunikation mit Reichweite, wie dieses Interview.
Rechtliche und logistische Fragen
Jeder Shop, der dazukommt, trägt dazu bei, dass die Bereitschaft zum Mitmachen weiter steigt und die Community wächst. Shops hadern oft mit rechtlichen oder logistischen Fragen. Diese zu klären gehört zu unserem Angebot. Einiges findet sich schon auf unserer Webseite WeRePack.org, wo wir auch für Fragen erreichbar sind.
Im Übrigen kann unser Plugin nicht nur für den deutschsprachigen Raum verwendet werden. Mit dabei ist etwa schon ein Buchhändler aus Malaysia, der seine Bücher nach Einverständnis der Kund:innen in altem Zeitungspapier verschickt. Und auch dieser Shop teilt mit uns die Anzahl der Zustimmungen, sodass wir messen können, wie viele Verpackungen wiederverwendet, wie viel CO2 und Wasser eingespart wurde und wie viele Bäume weniger gefällt wurden.
Wie können Händler:innen ihre Kundschaft motivieren, auf gebrauchte Verpackungen zu setzen?
Wir haben zu Beginn viel Feldforschung betrieben und Menschen etwa in Post-Warteschlangen angesprochen und befragt. Privat nutzen viele bereits Verpackungen, die sie zuvor selbst erhalten haben. In Mehrfamilienhäusern quellen die Papiertonnen über. Ein Paket zu erhalten, es zu öffnen und direkt unnötigen Müll in den Händen zu halten, verbinden viele Menschen mit einem negativen Gefühl.
Den Kund:innen ist die unnötige Verschwendung also meist vollkommen bewusst, aber selten wird ihnen eine Alternative geboten. Womöglich müssten Kund:innen eher die Händler:innen motivieren, als andersherum. Teilnehmende Onlineshops können durch transparente Kommunikation und – wie bereits erwähnt – optionale Gutschein- oder Rabattaktionen mit ihrer Teilnahme werben und bewusste Kund:innen zum Mitmachen bewegen.
Shops, die das Plugin nicht installieren können, da sie ein nicht unterstütztes System nutzen, können sich gerne bei uns melden und Teil der Community werden, sofern sie den Service auf andere Weise anbieten. Eine Unterstützung für Magento und Shopify ist geplant. Je mehr Kund:innen und Shops auf die Wiederverwertung setzen, desto mehr wird es auch eingefordert werden – da müssen wir hinkommen.
Ursprünglich hattet ihr andere Ansätze, um Onlineshopping nachhaltiger zu gestalten. Wie sahen diese aus? Und wieso habt ihr euch doch für klassische Kartonverpackungen entschieden?
Zu Beginn wollten wir ein zirkuläres Pfandsystem aufbauen. Also eigene Verpackungen etablieren, die stabil sind und immer wieder in den Kreislauf gelangen. Ähnlich zu Getränkekisten oder EU-Paletten und am besten vollgepackt mit Technik, wie digitalem Versandlabel, GPS-Tracking, Geofencing und einer App. Gefertigt aus recyceltem Kunststoff, sollte die Verpackung immer wieder zu uns zurückkommen und dann erneut in den Kreislauf gegeben werden. Mit diesem Ansatz hatten wir sogar einen Preis gewonnen und mit dem kleinen Preisgeld dann auch die Idee weiterverfolgt.
Umweltbilanz von Versandverpackungen
Allerdings mussten wir uns irgendwann eingestehen, dass solch eine Verpackung unrealistisch oft verschickt werden muss, bis sie gegenüber Versandkartons eine bessere Umweltbilanz hat. Vergleichbar ist das mit „memo”, einem Onlineshop für Bürobedarf, der als Vorreiter bereits seit vielen Jahren ein eigenes Mehrweg-Versandsystem nutzt. Die grünen memo-Boxen sind ebenfalls aus recyceltem Kunststoff. Sie werden mit der Ware zum Kunden geschickt und dann leer retourniert.
Laut „memo” wird ihre Umweltbilanz im Vergleich zur Nutzung konventioneller Verpackungen ab dem 55. Umlauf (Versand und Retoure) besser. Das ist bemerkenswert, sofern eine Box tatsächlich öfter in den Zyklus geht. Leider hat sich der Ansatz aber nicht großflächig durchgesetzt und der Großteil ihrer verschickten Bestellungen landet weiterhin in konventionellen Kartons. Wir verwarfen den Ansatz der wiederverwendbaren Versandboxen dann nach einem knappen Jahr. Auch da es mittlerweile verschiedene Start-Ups gibt, die ähnliche Konzepte verfolgen.
Teilweise sind sie überladen mit Technik, wo sicherlich bei weitem keine 55 Zyklen für eine bessere Umweltbilanz reichen. Dass daran gearbeitet wird, ist dennoch wichtig. Und hoffentlich wird sich hier irgendwann eine zirkuläre Lösung – vielleicht sogar ein Standard wie bei EU-Paletten – etablieren. Bis dahin haben Kartons aber auch große Vorteile: Leicht, stabil, kompakt, günstig und recycelbar. Sie sollten einfach nicht sofort im Müll landen, sondern wiederverwendet werden.
Und dass sie mehr aushalten, haben wir mit einem Versandexperiment bewiesen. Hierzu schickten wir ein Paket quer durch Deutschland. Nach dem 10. Versand war der Karton nicht mehr der schönste, aber trotzdem noch nutzbar. Das war die Initialzündung für die Suche nach einer Möglichkeit Verpackungen in ein weiteres Leben zu schicken – der Beginn von WeRePack.
Ein paar Worte zum Team hinter WeRePack?
Wir starteten 2018 im Rahmen eines weiterführenden Studiums an der Social Entrepreneurship Akademie in München. Das Team wurde damals aufgefordert auf eine große Straße zu gehen, zu beobachten was dort vor sich geht und Probleme zu finden, die es zu lösen gilt. Da kam einiges zusammen.
Die übervollen Papiertonnen und abgehetzten Paket-Zusteller haben aber unser größtes Interesse geweckt. Vermutlich auch, da wir selber alle als regelmäßige Empfänger betroffen waren. Wir arbeiten hauptberuflich in den verschiedensten Bereichen und haben einfach Spaß daran, Konzepte zur Lösung von gesellschaftlichen Herausforderungen zu entwickeln und uns für dieses Projekt zu engagieren.
Besonders schön ist es, dass sich in den letzten Monaten noch weitere Menschen angeschlossen haben. Das hat uns allen einen großen Motivationsschub gegeben. Alleine dass es noch mehr Menschen gibt, die an die Sinnhaftigkeit der Initiative glauben, ist enorm wichtig für uns. Übrigens freuen wir uns über weitere Mitstreiter:innen und wenn von der Initiative weitererzählt wird.
Deine Fragen zum WeRePack Plugin
Welche Fragen an Philipp hast du? Nutze gerne die Kommentarfunktion. Du willst über neue Beiträge zum Thema WordPress und Nachhaltigkeit informiert werden? Dann folge uns auf Twitter, Facebook, LinkedIn oder über unseren Newsletter.