Nachhaltigkeit ist für unser Team weit mehr als ein Schlagwort. Wir wollen uns messen lassen: Raidboxes ist nun nicht nur nach den Standards der Gemeinwohl-Ökonomie zertifiziert, sondern auch als Benefit Corporation. Was dies konkret bedeutet, und wie andere Unternehmen B Corp werden können, darüber sprachen wir mit unserem Kollegen Julian Beyer. Er ist bei Raidboxes zuständig für die Themen Nachhaltigkeit und Common Good.
Julian, was ist eine Benefit Corporation und warum hat sich Raidboxes entsprechend zertifizieren lassen?
Die Zertifizierung als Benefit Corporation ist eine Auszeichnung für Unternehmen, die ein bestimmtes Mindestniveau an sozialen und ökologischen Standards erreicht haben. Uns bei Raidboxes war es von Anfang an ein Anliegen, ein Unternehmen zu schaffen, dass sich neben den marktüblichen finanziellen Zwängen insbesondere auf den sozialen Impact fokussiert.
Das bedeutet, dass wir mit unserer täglichen Arbeit versuchen, für alle Stakeholder einen Mehrwert zu schaffen, um somit weg von einer reinen Kapital-Orientierung hin zu einer Gemeinwohlorientierung zu kommen. Deswegen haben wir bereits 2020 eine Gemeinwohlbilanz erstellt.
Da wir uns aber gerne von verschiedenen Blickwinkeln immer wieder auf den Prüfstand stellen und von unterschiedlichen Einflüssen profitieren, haben wir entschieden, uns zusätzlich noch auf den langen Weg hin zu einer Benefit Corporation zu machen.
Die sozialen Auswirkungen
Viele Unternehmen werben mit Nachhaltigkeit. Häufig steht dabei der Vorwurf des „Greenwashing“ im Raum. Was kann eine B Corp Zertifizierung hier aus deiner Sicht bewirken?
Der Begriff der Nachhaltigkeit wird heute inflationär und an vielen Stellen auch falsch verwendet. Ganz grundlegend muss man sagen, dass Nachhaltigkeit – ähnlich wie es im Brundtland Report definiert wurde – nicht nur eine ökologische, sondern ganz klar auch eine soziale Ebene beinhaltet. Das bedeutet, dass Nachhaltigkeit nicht damit getan ist, ein wenig CO² einzusparen bzw. recyclebare Verpackungen zu verwenden, sondern es braucht ein ganzheitliches Verständnis.
Unsere große Herausforderung (im Großen wie im Kleinen) ist es, die Bedürfnisse der heutigen Generationen so zu bedienen, dass die zukünftigen Generationen ihre Bedürfnisse ebenfalls befriedigen können. Und genau hier, in dieser ganzheitlichen Denkweise, setzt die B Corp an.
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Vom Unternehmenszweck über den Umgang mit allen Stakeholdern bis hin zum ökologischen Impact wird alles auf den Prüfstand gestellt und es werden immer geeignete Verbesserungsvorschläge unterbreitet.
Durch die Anforderung, ein Mindestniveau zu erreichen, ist dieses Zertifikat absolut empfehlenswert, um als Unternehmen den eigenen tatsächlichen Einfluss zu überprüfen und zu verbessern. Weg vom Greenwashing hin zu einer tatsächlichen Nachhaltigkeit.
Welche Änderungen bei Raidboxes erhoffst du dir durch die Zertifizierung?
Ganz grundlegend hoffe ich, dass die Arbeit und die Verbesserungen im Unternehmen gesehen, genutzt und anerkannt werden, so dass die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und die Identifikation mit Raidboxes weiter steigen.
Eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit, und auch die Kommunikation über unsere Arbeit in diesem Gebiet, werden uns einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Insbesondere, da ja jetzt auf viele Unternehmen die ESRS (European Sustainability Reporting Standards) zukommen und wir mit der gesammelten Expertise gut darauf vorbereitet sind.
Aufwand der Zertifizierung als Benefit Corporation
Wie hoch war der Aufwand, den Status der Benefit Corporation zu erreichen? Und welche Rollen bei Raidboxes waren dabei involviert?
Das Projekt hat insgesamt etwa zwei Jahre in Anspruch genommen, wobei dabei auch immer wieder Wartezeiten involviert waren, in denen wir auf die Überprüfung durch die uns zugeordnete Expertin gewartet haben.
Der größte Aufwand in diesem Prozess sind die Satzungsänderung und das vorausgesetzte Nachhaltigkeitsreporting, wenn noch keine erstellt wurde. Gerade die Satzungsänderung ist aber ein essenzieller Teil der B Corp Zertifizierung und lenkt das Unternehmen somit auch rechtlich in eine soziale und nachhaltige Zukunft.
Involviert in den Prozess waren neben der Geschäftsführung und der Sustainability Rolle hauptsächlich die Teams Administration, Marketing und People. Das jedoch hängt ganz davon ab, auf welche Themen man als Unternehmen seinen Fokus legt.
Was waren die größten Herausforderungen bei dem Prozess?
Die Satzungsänderung, im Rahmen der Zertifizierung als Benefit Corporation, war die größte Herausforderung. Das lag vor allem daran, dass wir die Gesellschafter in einem langwierigen Prozess davon überzeugen mussten.
An zweiter Stelle würde ich das Nachhaltigkeitsreporting sehen, da es je nach Ausgangslage und Umfang ein eigenes großes Projekt sein kann. Die Anpassung und Einführung bestimmter Policies war dagegen eher ein kleiner Teil und ging meist vergleichsweise schnell.
Machbarkeit im Unternehmen
Was kannst du anderen Unternehmen raten, wie sie sich am besten auf eine Zertifizierung als Benefit Corporation vorbereiten?
Das ist zum Glück recht einfach, da die B Corp natürlich daran interessiert ist, dass viele Unternehmen diese Zertifizierung anstreben. Als erstes macht man den Test, was bedeutet, man geht die Fragen durch und beantwortet sie so, wie es zu dem eigenen Unternehmen passt.
Gleichzeitig sollte man bereits schauen, wie man die Angaben belegen kann. Logischerweise liegt danach der Fokus darauf, die 80 Punkte zu erreichen. Hierfür analysiert man die größten Potenziale und die Machbarkeit im Unternehmen, gefolgt von der schrittweisen Umsetzung.
Hier gibt die B Corp einem auch immer konkrete Schritte an die Hand. Außerdem macht es natürlich auch Sinn, sich mit Drittanbietern auseinanderzusetzen, beispielsweise für die CO² Bilanz oder für die Analyse der Zulieferer.
Du bist bei Raidboxes zuständig für das Thema Nachhaltigkeit. Wie sieht dein Alltag in dieser Rolle aus? Was konkret kannst du bewirken?
Unserem Nachhaltigkeitsverständnis entsprechend darf ich hier bei Raidboxes in allen möglichen Themenbereichen (mit-)wirken. Ganz in diesem Sinne konnte ich beispielsweise einen Workshop für unsere Unternehmensvision anbieten oder an dem Thema Diversität im Unternehmen arbeiten.
Auch kam durch meine Rolle ein Kindergartenzuschuss und ein Rückzugsraum für stillende Mütter zustande. Natürlich bin ich aber auch für die ökologische Nachhaltigkeit zuständig und erstelle unsere Berichte in diesem Bereich (GWÖ, B-Corp, CO² Bilanz etc.).
Mein Arbeitsalltag ist sehr erfüllend, da ich viel an Themen arbeiten darf, die den Menschen im und um das Unternehmen einen Mehrwert bieten. Trotzdem ist mein Alltag auch ein wenig einsam, was zum einen eine grundlegende Herausforderung von „Remote First“-Unternehmen ist, zum anderen aber auch mit meiner speziellen Rolle zu tun hat, in der es keinen routinemäßigen Arbeitsalltag mit anderen Mitarbeitenden gibt.
Diversität als Faktor
Was hast du persönlich aus der Benefit Corporation Zertifizierung gelernt? Wie hat sich dein Verhalten bei der Arbeit dadurch verändert?
Die Zertifizierung hat mein grundlegendes Verständnis meiner Rolle noch einmal mehr auf den sozialen Bereich fokussiert. Konkret habe ich einen neuen Blick auf die Themen Diversität und Gesundheit im Unternehmenskontext entwickelt.
Außerdem habe ich gelernt, dass es sich lohnt, bei solch umfangreichen Vorhaben einen langen Atem zu haben. Und dass es unbedingt notwendig ist, mindestens eine operative Kraft zu haben, die sich diesem Thema inhaltlich widmet und es voranbringt.
Als Unternehmen ist es wichtig, sich im Klaren zu sein, dass die Benefit Corporation eine eigene Wertvorstellung vertritt, die in vielen Themen sehr hilfreich sein kann, aber auch nicht immer mit den Unternehmenswerten einhergehen muss. Dies kann dafür sorgen, dass im alltäglichen Geschäft Spannungen entstehen. Zwischen dem, was im Sinne der B Corp ist, und dem, was im Sinne einzelner Abteilungen oder des Unternehmens ist.
Das sorgt jedoch dafür, dass man sich als Unternehmen dem eigenen Nachhaltigkeitsverständnis immer weiter annähert. Ich glaube, dass dieses unternehmerische Learning der größte Bonus ist, den die B Corp Zertifizierung mitbringt.
Raidboxes ist ja auch GWÖ-bilanziert. Was sind die wesentlichen Unterschiede?
Ich glaube der größte Unterschied zwischen GWÖ und Benefit Corporation ist, dass die B Corp mehr auf die Machbarkeit für Unternehmen zugeschnitten ist, während die GWÖ idealistischer ausgerichtet ist.
Dies haben wir insbesondere bei der Gewichtung des Themas der Zulieferer bemerkt. Für uns als Dienstleistungsunternehmen spielen Zulieferer keine große Rolle. Die B Corp wird dem gerecht, indem man die 80 Punkte erreichen kann, ohne die Zulieferer sehr tief zu analysieren. Bei der GWÖ fällt eine nicht vorhandene Zuliefereranalyse mit negativen Punkten ins Gewicht, ganz unabhängig von der Relevanz dieser Thematik.
Deine Fragen zur Benefit Corporation
Welche Fragen zur B Corp Zertifizierung hast du? Stelle sie gerne in den Kommentaren. Du möchtest über weitere Beiträge von Raidboxes informiert werden? Dann folge uns auf LinkedIn, Facebook, Twitter oder über unseren Newsletter.