Du benötigst Bildmaterial für deine Website oder deinen Blog, aber hast kein professionelles Kameraequipment, geschweige denn wirklich Ahnung von Fotografie? Kein Problem, denn in vielen Fällen kannst du auch mit deinem Smartphone tolle Ergebnisse erzielen. Fotograf Johannes Mairhofer zeigt dir, worauf du bei der Smartphone Fotografie achten solltest.
Fotografie ist ein spannendes Medium. Fotografie kann Emotionen wecken und Erinnerungen festhalten. Fotos können provokant, schön und interessant sein. Dabei ist es oft nur ein Detail, ein leicht veränderter Blick oder eine erweiterte Perspektive, die aus einem „belanglosen“ Foto ein spannendes Bild machen.
In diesem Text möchte ich ein paar Grundlagen, Tipps und Tricks zeigen, die dir zu besseren Fotos verhelfen können, wenn du diese beachtest – oder die Regeln sogar bewusst brichst. Alle meine Tipps sind darauf ausgelegt, dass sie mit einem klassischen und „normalen“ Smartphone umsetzbar sind. Du brauchst also keine besondere Kamera, spezielle Software oder teure Technik. Es reicht hier aus, den Blick zu erweitern und zu versuchen zu fotografieren anstatt zu „knipsen“.
Der Text ist so strukturiert, dass ich mit einigen technischen Tipps beginnen möchte, anschließend etwas zur Bildgestaltung und -komposition erkläre um abschließend meine persönliche Meinung zu Bildbearbeitung zur Diskussion zu stellen. Das ganze angereichert und erklärt anhand einiger Beispiele, die selbstverständlich alle mit einem handelsüblichen Smartphone entstanden sind.
#1 Technik-Tipps für die Smartphone Fotografie
Die beste Kamera ist immer die, die man dabei hat. Da dies wohl in vielen Fällen das Smartphone ist, gebe ich hier ein paar Tipps zu technischen Einstellungen mit, die bei nahezu allen Smartphones vorgenommen werden können. Es ist explizit keine besondere App notwendig, um die Empfehlungen umzusetzen.
Blitz deaktivieren
Bei den meisten Smartphones befindet sich der Blitz genau neben der Linse. Dies führt dazu, dass das Blitzlicht direkt von vorne kommt und unmittelbar ins Gesicht blitzt. Das ist gerade bei Portraits nie schön, wirft hässliche Schatten und sorgt für rote Augen und blasse Haut.
Bei Landschaften macht ein Blitz gar keinen Sinn, da die Blitzleistung nicht ausreicht, um die Umgebung aufzuhellen.
Auf die Spitze getrieben wird das dann bei Konzerten. Stellt euch vor, die Bühne ist von Scheinwerfern beleuchtet, die etliche tausende von Watt Leistung bringen. Ein kleines Handyblitzlicht aus den hinteren Reihen bewirkt hier direkt gar nichts, außer dass er die anderen Konzertgäste stört. Meist es ja dann auch so, dass man sich gerade diese Konzertfotos nie wieder anschaut.
Wenn ein Blitz, aus welchen Gründen auch immer, aber unbedingt sein muss, hilft die Abmilderung oder Streuung. So wirkt ein Stück Papier, ein Tempo oder ein Brutterbrotpapier vor den Blitz gehalten oft Wunder. Das Licht kommt nicht mehr von vorne, sondern wir durch den Stoff „gestreut“.
Noch besser allerdings ist eine externe Lichtquelle von einem anderen Punkt als von vorne. Hier kann eine Taschenlampe oder die Taschenlampen-App eines anderen Smartphones, genutzt werden, um das zu fotografierende Objekt oder die Person von einem anderen Winkel aus zu beleuchten. Dadurch wirkt das Licht meist deutlich harmonischer und weniger „krass“ – gerne können diese Tipps auch kombiniert werden, also z.B. eine externe Lichtquelle mit dem Papier davor.
Tipp
Raster einblenden / anzeigen
Zur Unterstützung der Bildkomposition empfehle ich, ein Raster einzublenden. Je nach Betriebssystem des Smartphones oder der verwendeten App gibt es hier oft sogar mehrere Varianten zu Auswahl. Die “Drittelregel” ist aber für den Anfang völlig ausreichend und in nahezu allen Foto-Apps, die ich bisher gesehen habe, verfügbar.
Dieses Raster teilt das Kameradisplay in neun gleich große Rechtecke ein und unterstützt dabei, das Bild zu gestalten. So kann der Schwerpunkt des Bildes am Raster ausgerichtet werden, denn ein Bild wird gefälliger, wenn sich diese Schwerpunkt in einem der Schnittpunkte der Rasterlinien befindet.
In diesem Beispiel wird es deutlicher. Die Bank ist in dem Fall der Schwerpunkt des Bildes. Stellt euch das erwähnte Raster nun auf diesem Bild vor. Ihr werdet merken, dass die Bank eben im rechten unteren Schnittpunkt der Rasterlinien ausgerichtet ist. Hierbei muss es natürlich nicht immer millimetergenau sein, das Raster dient hier eher als Orientierung zur Bildkomposition.
Höchste Auflösung einstellen
Auch wenn die meisten Fotos wahrscheinlich meistens eher digital und fürs Web genutzt werden, empfehle ich dir, die höchste Auflösung einzustellen. Ganz banal deswegen, weil Speicherplatz nichts mehr kostet und die Bilder so auch gedruckt werden können. Egal ob Berufs- oder Hobbyfotograf – Das eigene Foto gedruckt in der Hand oder an der Wand zu sehen ist immer ein tolles Gefühl.
Auch mit mittelpreisigen Smartphones können mittlerweile Bilder produziert werden, die ohne Schwierigkeiten als Poster in z.B. DIN A2 an die Wand gehängt werden können. Zumal gerade die Bilder, die an der Wand hängen, mit einigem Abstand betrachtet werden. Ganz persönlich finde ich aber auch, dass Bilder die emotional berühren, nicht durch technische Perfektion, sondern eben durch die Bildkomposition wirken.
Standort speichern
Viele Programme zur Bildverwaltung und -bearbeitung oder auch die automatische Archivierung bei Google-Fotos können GPS-Daten lesen und verarbeiten. So kann auch noch Jahre nach Entstehung nachverfolgt werden, wo Bilder entstanden sind. Das klingt erst einmal banal. Aber bei der Flut an Bildern, die wir jeden Tag produzieren, kann es durchaus vorkommen, dass du nicht mehr genau weiß, wo deine Bilder eigentlich entstanden sind.
Bildformat
Am gefälligsten für das menschliche Auge ist nach wie vor das 4:3 Querformat. Bei dem Format wird außerdem der in der Kamera verbaute Chip am effektivsten genutzt.
Fokus = Belichtung
Üblicherweise wird bei den meisten Kamera-Apps der Fokus bei den Fotos durch einen Touch auf den gewünschten Bereich gesetzt. Dazu kommt in der Regel, dass hier nicht nur der Fokus (Schärfe) sondern auch die Belichtung (Helligkeit) festgelegt wird. Das bedeutet, dass die Software in der Kamera-App den „technisch optimalsten Mittelwert der Belichtung” aus dem gesamten Bild berechnet. Dies kann die Bildwirkung des Fotos, gewollt oder ungewollt, beeinflussen.
Probiere das gerne einmal aus, indem du bei einem Sonnenuntergang einmal auf etwas im Vordergrund, z.B. eine Person, und einmal auf den Sonnenuntergang im Hintergrund fokussierst.
Effekte bitte nach dem Fotografieren
Das ist natürlich immer auch eine Geschmacksfrage, aber ich bin kein Fan von Effekten, wie sie bei Instagram oft als Filter eingesetzt werden. Meiner Meinung nach lenken sie zu sehr vom eigentlich Bild ab.
Wenn Sie doch zum Einsatz kommen sollen, mache dies bitte erst hinterher, auch wenn manche Kamera-Apps Effekte dieser Art auch direkt schon beim Fotografieren anwenden können. Wird der Effekt allerdings schon beim Fotografieren angewandt, ist das Bild schon „kaputt“ – der Effekt ist schon da und du kannst dich hinterher nicht mehr dagegen entscheiden.
Wendest du den Effekt oder Filter erst im Nachhinein an, bleibst du flexibel und lässt dir alle Möglichkeiten offen. So kannst du dann hinterher verschiedene Effekte ausprobieren – oder diese eben ganz weglassen.
#2 Bildgestaltung bei der Smartphone Fotografie
Den Spruch “Du hast ja eine teure Kamera, die macht bestimmt gute Fotos!” kennen wahrscheinlich alle Berufsfotografen. Übertragen auf einen anderen Beruf ist das etwa so, als würdet ihr zu einem Koch in die Küche kommen und sagen „Wow, du hast ja teure Töpfe, da machst du bestimmt sehr leckeres Essen mit!“
Je nach Zweck und Anforderung an ein Foto ist natürlich manchmal eine teure Kamera (die man aber auch bedienen können muss) die notwendige Wahl, um das erwünschte Ergebnis zu erzielen. Bleibt man bei teuren Spiegelreflex-Kameras allerdings lediglich im „Automatik-Modus“, sind heutzutage viele Bilder mit den Fotos aus einem modernen Smartphone rein technisch nicht mehr großartig zu unterscheiden.
Für die private Fotografie, Social Media oder eben Webseiten und Blogs ist ein Smartphone somit oft ausreichend. Vor allem, wenn man ein paar Regeln kennt und einhält (oder diese bewusst bricht), können auch mit einem Smartphone tolle Bilder entstehen.
Die „Projektbrille“
Wenn man nun nicht schon ein bestimmtes Projekt im Sinn hat sondern „einfach nur fotografieren“ will, besteht die Gefahr, dass man knipst anstatt wirklich zu fotografieren. Hier hilft das “Denken in Projekten” und das Aufsetzen einer „Projektbrille“.
Wenn du bei dir daheim oder im Büro „um den Block“ gehst, wirst du vermutlich wenig spannende Motive sehen, im Urlaub dagegen ist alles voll mit spannenden Bildern. Der Blick in der eigenen Umgebung ist „müde“ – man ist „betriebsblind“ für spannende Motive.
Setze dir zum Beispiel die Projektbrille „grün“ oder „Strukturen“ auf und gehe dann auf die Suche. Du wirst plötzlich ganz andere Dinge sehen, die dann zu eben dieser Brille passen. Das hilft oft, um auch in bekannter Umgebung neue, interessante Fotomotive zu sehen.
Vordergrund und Hintergrund
Ein Bild besteht immer aus Vordergrund und Hintergrund. Manchmal kommt noch ein Mittelgrund dazu. In meinem Beispiel, welches am Chiemsee entstanden ist, ist das Boot klar im Vordergrund und orientiert sich in der Drittelregel am Schnittpunkt der Linien unten rechts. Die Berge sind im Hintergrund.
Den Steg würde ich auch als Vordergrund bezeichnen, obwohl er in den Mittelgrund hineingeht und damit auch den Blick des Betrachters zu den Bergen im Hintergrund leitet.
Linienführung
Durch bewusst gewählte Linienführung kann der Blick des Betrachters gelenkt werden und so die Bildgestaltung beziehungsweise Bildbetrachtung beeinflussen. Im Beispiel wird durch die Anordnung der Boote der Blick des Betrachters zur Mitte des Bildes hin geleitet und führt, ähnlich wie der Steg oben, zum Hintergrund. Noch extremer wird dies, wenn zu zum Beispiel Flussläufe oder Bahnschienen in dein Bild einbaust.
Parallelen
Vor allem bei der Fotografie von Architektur ist es zu empfehlen, auf wiederkehrende Linien und parallele Geraden zu achten. In diesem Beispiel sind die Übergänge der beiden Türme parallel zueinander und zusätzlich im rechten Winkel zu den eigentlichen Türmen. Dadurch wird eine Symmetrie erzeugt, die das Bild harmonischer macht.
Farben
Wiederkehrende oder sich wiederholende Farben machen das Bild harmonischer. In diesem Beispiel hatte ich großes Glück mit dem Himmel, denn der ist in Hamburg oft bewölkter. So wiederholt sich der blaue Himmel in den Blautönen auf der Elbphilharmonie und macht das Bild auch wieder gefälliger.
Blickwinkel
Vor allem die beiden Architekturbilder aus den letzten Beispielen zeigen, dass eine Veränderung des Blickwinkels oft zu besseren beziehungsweise spannenderen Ergebnissen führt. Ganz generell hilft es, nicht immer nur „geradeaus“ und auf Augenhöhe zu schauen, sondern den Blick bewusst nach oben oder unten zu lenken um so Perspektiven zu suchen, die nicht alltäglich sind.
#3 Von der Idee zum Bild
Um bewusst tolle Bilder zu machen, ist es sinnvoll, sich im Vorfeld ein paar Gedanken zu machen. Diese Gedanken können zum Beispiel so aussehen:
Spielen und Mut
Betrachtet die Regeln nicht als strenge Vorgaben, sondern als Ideen und als Impulse. Versucht zu „spielen“ und seid ruhig mutig. Das Schöne an der Digitalfotografie ist ja, dass du einfach alles ausprobieren kannst. Bilder sind außerdem meist auch eine Geschmacksfrage, denn was mir gefällt muss dir nicht auch gefallen und umgekehrt.
Versuche es einfach direkt, mit einer Projektbrille deiner Wahl (fange vielleicht mit „Struktur“ an) um deinen Block zu gehen und zu fotografieren. Wende hierbei einmal die Regeln bewusst an und breche oder ignoriere sie gezielt. Ändere vielleicht den Betrachtungswinkel um wenige Zentimeter und beobachte, wie sich die Bilder und deren Wirkung verändern.
Tipp
Gestalterischer Schwerpunkt
Bei Bildern ist ein gestalterischer Schwerpunkt wichtig. Worum geht es in dem Bild, was will ich aussagen? Soll das Bild “gefällig” sein oder will ich eher provozieren oder den Betrachter bewusst “stören”?
Für wen?
Für wen ist das Foto? Soll es nur privat genutzt oder gar veröffentlicht werden? Wenn es veröffentlicht wird, müssen eventuelle Persönlichkeitsrechte eingehalten werden, was bei der privaten Nutzung in der Regel weniger relevant ist.
Für was?
Für welches Medium soll das Foto genutzt werden? Geht es “nur” online oder wird es irgendwo gedruckt? Wenn es gedruckt wird, ist die technische Qualität zum Beispiel wichtiger, als wenn es nur auf Bildschirmen angezeigt wird.
Nutzen?
Bei der Frage, wieviel Aufwand und Überlegung für ein Foto betrieben werden soll, musst du dir natürlich zunächst über den Nutzen und Zweck des Bildes im Klaren sein. Fotografierst du nur den Fahrplan, um zu wissen, wann der letzte Bus kommt? Hat ein Bild rein persönliche dokumentarische Zwecke, sind gestalterische Schwerpunkte natürlich ziemlich egal. Wenn die Bilder auf deiner Webseite oder woanders veröffentlicht werden, lohnt es sich allerdings, dir mehr Gedanken zu dem Motiv und der Komposition zu machen. Du wirst den Unterschied in der Qualität der Ergebnisse sehen!
Bilder für WordPress optimieren
Bilder lesen
In Europa “lesen” wir Bilder, genau wie Texte, von Links nach Rechts. Quadratische Bilder sind zwar bei Instagram sehr in Mode, das natürlichste für uns ist allerdings das Querformat, da dies dem menschlichen Blick am nächsten kommt.
Wenn du ein Portraitfoto machst, ist es meist gefälliger, wenn die Person in die Kamera oder „ins Bild“ reinschaut. Das wird zum Beispiel deutlich, wenn du professionelle Profilbilder von deinen Kontakten in beruflichen sozialen Netzwerken wie XING oder LinkedIn bewusst anschaust.
Sharepics
Wenn du Bilder für deine Website, deinen Blog oder Social Media fotografierst, soll ja oft später noch Text in das Bild eingebaut werden. Beachte diesen Aspekt schon bei der Fotografie und lasse entsprechenden Freiraum. Dafür ist es meist harmonischer, wenn Text auf „ruhigem“ Hintergrund liegt, also zum Beispiel ein Himmel, eine Wand, ein See oder Ähnliches. Bunte und unruhige Bereiche wie Graffiti, Äste oder Hecken eignen sich hier meistens nicht so gut.
#4 Bildbearbeitung
Ganz persönlich bin ich kein großer Fan von Bildbearbeitung oder Effekten, die vom eigentlichen Bild ablenken. Im Gegenteil, gerade bei Instagram sehe ich immer wieder Fotos, bei denen klar wird: Ohne den Effekt wäre das Bild sehr langweilig und würde vermutlich gar nicht veröffentlicht werden.
Was dagegen auch bei mir oft vorkommt, ist Bildentwicklung. Im Bereich der Berufsfotografie sowieso, denn hier werden alle Bilder als RAW fotografiert. Aber auch bei der Smartphone-Fotografie optimiere ich Bilder manchmal, indem ich vorhandene Gegebenheiten leicht verstärke. Farben werden dann zum Beispiel verstärkt, Kontraste erhöht oder Bilder gedreht oder gekippt.
Wenn ihr dies auch machen wollt, empfehle ich folgende Software:
- Kostenpflichtig für PC und MAC: Lightroom & Photoshop
- Open Source für PC, MAC und Linux: Darktable & Gimp
- App für Smartphones: Google Snapseed
Drucken!
Ein Tipp zum Schluss: Es ist wirklich sehr toll, eigene Fotos gedruckt in der Hand zu halten. Es gibt hier tolle Druckdienstleister, zum Beispiel moo.com, dort können Bilder hochwertig ausgedruckt werden und beispielsweise auf Postkarten oder Visitenkarten gedruckt werden.
Probiert das einmal aus, es lohnt sich auf jeden Fall!