Agenturen oder Freiberufler:innen haben meist nicht die Ressourcen, um auf allen Social Media Plattformen aktiv zu sein. Es müssen also Prioritäten her. In diesem Beitrag gebe ich dir eine Reihe von Fragestellungen, die dir bei der Entscheidung helfen: Wo lohnt sich dein Einsatz wirklich?
Social Media Plattformen gibt es mehr als genug. Die große Frage ist nur: Wo solltest du deine Zeit und Mühe vor allem investieren? Wenn du dir diese Frage stellst, dann bist du bereits auf dem richtigen Weg. Denn eines ist klar: So lange du nicht in einem Weltkonzern tätig bist, der mit einem schier endlosen Budget überall präsent ist, solltest du dich beschränken.
Investiere deine Ressourcen lieber in einige wenige Präsenzen (oder sogar nur in eine einzige), anstatt überall dabei sein zu wollen. Andernfalls wird kaum genug Energie für diese drei wichtigen Ratschläge übrig bleiben:
- Sei aktiv und interagiere – zeige dich nicht nur als „Sender“. Das wirst du nur schaffen, wenn du dir entsprechend Zeit einplanst.
- Gehe auf die Besonderheiten des Netzwerks ein und kenne die Erwartungen der Nutzerschaft dort. Du musst also ein Gefühl dafür entwickeln, was funktioniert und gut ankommt und was nicht.
- Setze vor allem auf die Funktionen, die das jeweilige Angebot besonders machen und experimentiere viel.
Grundsätzliche Überlegungen für deine Entscheidung
Insofern musst du also entscheiden, worauf du dich konzentrierst und was du eventuell sogar ganz links liegen lässt. Glücklicherweise gibt es eine Reihe von Fragestellungen, mit deren Hilfe du die Auswahl eingrenzen kannst:
Wen willst du erreichen?
Als erstes stellst du dir die Frage: Wer ist deine Zielgruppe? Wen möchtest du mit deinen Aktivitäten in den sozialen Netzwerken erreichen? Ein großes Unterscheidungsmerkmal der Social Networks ist, welche Bevölkerungsgruppen dort zu finden sind. Das gilt sowohl für die Altersstruktur als auch für Interessen oder Lebenssituationen.
Manche Angebote richten sich an junge Leute, die es zum Zeitvertreib nutzen (Beispiel: TikTok). Andere richten sich an Menschen, die im Berufsleben stehen und das Netzwerk meist aus diesen Gründen nutzen (Beispiel: LinkedIn oder Xing). Das sollte zu deinen Produkten oder deiner Dienstleistung passen, ebenso zu deinem Kundenstamm.
Was möchtest du erreichen?
Deine Zielstellung ist ebenfalls zentral. Denn nicht jedes Angebot eignet sich beispielsweise dazu, deine Umsätze zu steigern. Manche sind eher fürs Content Marketing gut, siehe meinen Beitrag Content Marketing für Agenturen & Freiberufler: Worauf es wirklich ankommt. Oder dafür, deine Marke bekannter zu machen – siehe die Content Distribution.
Facebook oder Instagram mögen es beispielsweise überhaupt nicht, wenn du versuchst, die Nutzerinnen und Nutzer auf eine Seite außerhalb ihrer Angebote zu schicken. Solche Posts laufen einfach schlecht. Instagram geizt zudem weiterhin mit klickbaren Links. Twitter auf der anderen Seite hat damit überhaupt kein Problem.
Womit möchtest du das erreichen?
Außerdem unterscheiden sich die Netzwerke sehr in den Medienformaten, die zum Einsatz kommen. TikTok ist ganz auf Kurzformat-Videos getrimmt, Twitter auf Infohappen aller Art, Pinterest vor allem auf Fotos und Grafiken.
Kannst und willst du tiefgehende Videos für YouTube produzieren? Oder willst du eher dafür sorgen, dass deine nützlichen Inhalte auf deiner eigenen Website mehr Leserinnen und Leser bekommen? Denn deine Website als Basis ist unglaublich wichtig, wie ich hier erkläre. Und natürlich: Wie erreichst du deine erhoffte Zielgruppe am besten? Welche Formate bevorzugt sie?
Verhalten deiner Zielgruppen herausfinden
Was ist überhaupt möglich?
Eine Frage, die aus meiner Sicht nicht oft genug gestellt wird: Wollen die Nutzerinnen und Nutzer auf diesem Social Network überhaupt von Unternehmen angesprochen werden? Und falls ja: Wie? Facebook und andere machen es Firmen und Marken oftmals sehr schwer, überhaupt gesehen zu werden – jedenfalls ohne Bezahlung. Wie das über Facebook Ads geht, um das Interesse anzukurbeln, das zeigt dir Sven Scheuerle in seiner Anleitung für Einsteiger sowie im Beitrag zu den Facebook KPIs.
In einem solchen Fall könntest du darüber nachdenken, dich selbst oder deine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als „Markenbotschafter“ einzusetzen. Das hört auch auf den Begriff „Corporate Influencer“. Das ist allerdings ein ganz eigenes Thema und führt für diesen Artikel zu weit, hier eine passende Quelle zum Thema.
Was passt zu dir und deinen Angeboten?
Meine ganz persönliche Sichtweise, der du gerne in den Kommentaren widersprechen darfst: Ein Unternehmen hat eine Persönlichkeit, zu der es auch im Social Web stehen sollte. Daimler zum Beispiel ist ein weltweit agierender, sehr ernsthafter Konzern. Fritz Kola ist das nicht. Beide sollten entsprechend auftreten.
Natürlich wird sich ein Konzern wie Daimler bei der Nachwuchsrekrutierung jünger darstellen, als wenn es ums B2B-Geschäft geht. In gewissen Grenzen ist das sicherlich sinnvoll. Aber grundsätzlich sollte alles, was Daimler macht, zum grundlegenden Image passen. Ansonsten ist es unglaubwürdig und wirkt schnell aufgesetzt oder gleitet gar ins Peinliche ab.
Dasselbe gilt für dich als Freelancer:in oder für deine Agentur: Du wirst eine bestimmte Kundengruppe haben, die du auf eine bestimmte Weise ansprichst. Wenn deine Kundschaft vor allem Behörden sind, wird das anders aussehen als wenn du Portfolio-Seiten für Musiker erstellst. Deshalb sollte bei der Auswahl der Social Networks auch folgende Frage eine Rolle spielen: Passe ich mit meiner Art, meinen Angeboten, meinem Image hier hinein? Oder müsste ich mich zu sehr verbiegen?
Ein abschließender Gedanke zu diesem Punkt: Es gibt auch immer wieder erfolgreiche Social Media Profile, die ganz bewusst und sehr konsequent gegen die Konventionen eines Netzwerks verstoßen. Ich denke hier zum Beispiel an die Behauptung, dass Instagram nicht für lange Texte gemacht ist. Das Team des National Geographic lässt es sich deshalb aber nicht nehmen, zu jedem seiner wunderschönen Fotos eine ausführliche Hintergrundstory aufzuschreiben. Das gehört einfach zum Unternehmen.
Insofern gilt: Wenn du einmal verstanden hast, wie ein Social Network „tickt“, kannst du auch gegen die ungeschriebenen Regeln verstoßen. Und das kann dann durchaus erfolgreich sein. Probiere beide Varianten aus und messe deinen Erfolg.
Wie schnell möchtest du dein Ziel erreichen?
Generell wirst du bei allen Social Media Plattformen einen langen Atem brauchen. Schnelle, virale Erfolge sind zwar möglich, aber eben doch die Ausnahme. Manche Angebote haben vielmehr den Vorteil, dass sie eher auf langfristigen Erfolg angelegt sind.
YouTube und Pinterest beispielsweise sind Seiten, die eher eine Suchmaschine sind und nur in zweiter Linie als Social Media Network auftreten. Der Vorteil ist hier: Deine Inhalte können auch Monate und Jahre später noch gefunden werden und dir neue Nutzer:innen und Aufmerksamkeit bringen. Der Nachteil ist, dass du hier bisweilen lange warten musst, bis sich der Erfolg einstellt.
Wo ist deine Konkurrenz aktiv und was macht sie?
Ein weiterer Punkt, den du durchaus mit in Betracht ziehen solltest: Was machen eigentlich andere in deiner Branche oder auch deine direkten Wettbewerber? Hier kannst du Ideen und Anregungen bekommen. Du solltest aber immer hinterfragen, was du dort vorfindest. Denn:
1. Es kann gut sein, dass dein größter Konkurrent überhaupt gar keinen Plan hat, was sie im Social Web tun. Du solltest nicht automatisch davon ausgehen, dass sie eine bessere Entscheidung getroffen haben als du. Oder dass sie mehr Informationen haben.
2. Du wirst von außen nie genau sehen, wie erfolgreich die Social Media Aktivitäten deiner Mitbewerber wirklich sind. Denn die Zahlen, die du angezeigt bekommst, werden in der Regel irrelevant sein. Du kannst beispielsweise nicht sehen, wie viel Geschäft daraus entsteht. Auch deshalb liste ich es hier erst am Schluss.
Wie du deine Entscheidung definitiv nicht fällen solltest
Wer einschlägige Medien rund um Online Marketing, E-Business & Co. verfolgt, bekommt schnell den Eindruck, dass sich das Feld laufend radikal wandelt und es immer wieder neue Plattformen und Formate gibt.
In gewissen Grenzen stimmt das auch. Ich denke hier an das „Story“-Feature, das von Snapchat aus weite Teile des Social Webs erobert hat. Ein anderes Beispiel ist das Phänomen TikTok. Aber solche großen Neuerungen gibt es erstens seltener, als manche Medien suggerieren. Und zweitens ist es für deinen Erfolg nicht notwendig, sofort auf jeden neuen Hype aufzuspringen.
Wenn du dich an eine experimentierfreudige, junge Zielgruppe wendest, dann willst du natürlich überall dabei sein, was gerade „heiß“ ist. Alle anderen sollten hingegen immer zuerst die oben aufgeführten Fragestellungen durchgehen. Es ist also kein ausreichender Grund für deine Entscheidung, dass ein Social Network gerade viel diskutiert wird oder dass „alle“ derzeit Funktion XY ausprobieren. Wenn du es gern testen möchtest: Nur zu! Du lernst am besten und am meisten durchs Ausprobieren. Aber vernachlässige deine bereits vorhandenen Profile und Aktivitäten deshalb nicht sofort.
Generell gilt hier: Medien und Berater sprechen nicht gern darüber, dass neue Angebote und Features nicht automatisch besser funktionieren als das, was du bereits tust. Selbst die gute alte E-Mail ist heute weiterhin erfolgreich! Diese Aussage ist allerdings wenig aufregend und bringt nicht besonders viele Klicks oder Beratungsaufträge ein…
Was ist mit der „Reichweite“?
Dem einen oder anderen ist vielleicht aufgefallen, dass ich noch überhaupt nicht den Begriff der Reichweite genutzt habe. Ist es nicht entscheidend, dass Facebook so viel größer ist als Pinterest? Nein, das ist es tatsächlich nicht. Oder jedenfalls nicht so wie es gemeinhin diskutiert wird. Denn es gilt: Wenn du als Shop-Betreiber:in zum Beispiel auf Pinterest exakt deine (kaufwillige!) Zielgruppe findest, dann wirst du dort viel mehr erreichen als auf Facebook.
Wie oben schon beim Thema „Konkurrenz“ angedeutet: Auch die Zahl deiner Fans oder Likes ist am Ende des Tages irrelevant. Viel wichtiger ist, ob du die von dir angestrebten Ziele erreichst. Ein Profil mit 500 Followern kann hinter den Kulissen deutlich erfolgreicher sein als eines mit 5.000 Followern. Die Zahl der Follower, Likes und Kommentare ist ein Ergebnis guter Arbeit, nicht aber ihr Ziel. Wie ich in meinem Beitrag zu den Content KPIs beschrieben habe ist es gar nicht so einfach, die richtigen Messwerte für den Erfolg deiner Inhalte zu finden. Es lohnt sich aber.
Ein anderer Punkt: In Social Networks mit hoher Nutzerzahl musst du im Zweifel sehr viel mehr darum kämpfen, überhaupt wahrgenommen zu werden. Oder du musst Geld hierfür ausgeben. Denn du konkurrierst hier auch mit entsprechend vielen anderen Unternehmen um die Aufmerksamkeit. Wer eine Facebook Page hat, wird eventuell den frustrierenden Blick auf die tatsächlich Reichweite einzelner Posts kennen.
Selbst wenn du tausende Fans und Follower dort hast, nützt dir das nicht viel, wenn du nur bei einem Prozent davon überhaupt angezeigt wirst. Bei kleineren Social Networks kann es hingegen einfacher sein, sich zu profilieren und wahrgenommen zu werden. Das gilt auch für deine Agentur oder für deine Websites.
Mein Fazit
Ich hoffe, dieser Artikel hat einige interessante Anregungen parat, um deine Social Media Strategie zu überdenken. Und vielleicht ist deutlich geworden, dass du einerseits natürlich auf dem Laufenden bleiben solltest, was gerade im Social Web neu und angesagt ist. Andererseits ist es wichtig, die eigenen Ressourcen gezielt einzusetzen.
Außerdem solltest du immer deine eigenen Erfahrungen machen und deine eigenen Erkenntnisse sammeln. Was für andere funktioniert, das muss für dich, deine Angebote und deine Zielgruppe noch lange nicht funktionieren. Eventuell entdeckst du bei deinen Experimenten auch etwas, was deinen Mitbewerbern bislang entgangen ist.
Hi Jan, deine Erfahrungen kann ich bestätigen. Auf jeder Plattform präsent zu sein bedeutet nicht nur einen enormen Zeiteinsatz, sondern ist oft auch nicht wirklich zielführend. Abgesehen von der Abhängigkeit der Zielgruppe, sehe ich es kritisch, wenn man eine Plattform nur belegen möchte, „weil es alle machen“ oder die Plattform gerade hipp ist. Ich habe bspw. sehr gute Erfahrungen mit Pinterest gemacht und habe festgestellt, dass bspw. das Verhältnis von Input zu Output bei Instagram enorm hoch ist. Ich kann hier allen auch nur empfehlen, mal über einen Zeitraum den tatsächlichen zeitlichen und finanziellen Input zu den Ergebnissen festzuhalten – das kann bei der Entscheidung für oder gegen ein Netzwerk sehr helfen. VG Jasmina
Vielen Dank für die Ergänzungen! Ja, eigene Versuche sind immer Gold wert 🙂