Eine „Brand Voice“ hilft dir dabei, eine individuelle Stimme für deinen Content zu finden. Das ist sowohl für Agenturen als auch für Freelancer:innen relevant, um positiv aus der Masse herauszustechen. Ich erkläre dir, wie du eine Brand Voice entwickelst – inklusive passender Beispiele, Richtlinien und Vorlagen.
Was ist eine Brand Voice?
Eine Brand Voice bestimmt, welche Persönlichkeit und welche Eigenschaften deine Texte transportieren. Im Idealfall ist sie wiedererkennbar und spricht die erhoffte Zielgruppe ganz wortwörtlich an. Das Thema Content Tonalität spielt dabei eine wichtige Rolle, aber ebenso das Sprachniveau.
Content Marketing Grundlagen
Um deine Brand Voice zu finden, solltest du die wichtigsten Grundlagen zum Content Marketing und zur Content Strategie kennen. Lies dir hierzu unser E-Book Content Marketing für Agenturen und Freelancer durch.
Um deine persönliche Brand Voice zu entwickeln, musst du verschiedene Entscheidungen treffen, die mal mehr und mal weniger selbstverständlich sind:
- Eher offensichtlich ist zum Beispiel die Frage, ob du die Besucher:innen deiner Website duzen oder siezen willst. Das ist eine Grundsatzentscheidung mit bereits erheblichen Auswirkungen.
- Ebenso gehört dazu, welchen Eindruck deine Marke vermitteln soll: Ist sie jung, flapsig und unangepasst oder im Gegenteil gesetzt, zurückhaltend und konservativ?
- Subtiler wird es bei der Frage nach dem Sprachniveau: Ist einfache Sprache angesagt, um eine möglichst breite Öffentlichkeit zu erreichen? Oder darf es fachspezifisch sein, damit sich eine klar umrissene Zielgruppe zu Hause fühlt?
Colleen Jones von Content Science drückt das Ziel der Brand Voice so aus: Stelle dir die ideale Persönlichkeit vor, die deine Marke repräsentieren soll, und erwecke diese Persönlichkeit in deinen Inhalten zum Leben.
„I find a handy way to define voice is this: the personality of your content. Is it smart? Kind? Authoritative? Personable? Inclusive? Quirky? Something else? Imagine the ideal personality you want to represent your brand, and make that personality come alive in your content.“
Colleen Jones, Content Science
Wozu ist eine Brand Voice gut?
Die Brand Voice ist letztlich Teil deines Markenauftritts, genauso wie der Firmenname, das Logo, ein Werbeclaim oder die gewählten Farben. Sie ist dabei nicht immer so offensichtlich wie die gewählte Schriftart. Aber deshalb solltest du sie nicht unterschätzen: Wenn du dich im Ton vergreifst, nützt dir die schönste Corporate Identity wenig.
Wichtig zu verstehen ist, dass die Brand Voice nicht etwa nur bei längeren Textinhalten wie Ratgeber-Artikeln, Whitepapern oder Corporate E-Books zum Einsatz kommt. Sie bezieht sich vielmehr auf alle Elemente, die in irgendeiner Form Sprache benutzen und beeinflusst daher auch, wie du Navigationspunkte benennst oder wie eine Fehlermeldung formuliert ist.
Diese Mini- und Mikrotexte fallen in Fachkreisen unter den Begriff „User Experience Writing“ oder auch „UX Writing“: Solche unscheinbaren Elemente können entscheidend sein für ein gelungenes Nutzungserlebnis und dadurch mitentscheidend für deinen Erfolg oder den deines Unternehmens.
Außerdem sprechen wir hier nicht nur über deine eigene Website. Denke beispielsweise an deine Social Media Profile oder deine Werbekampagnen: Auch hier willst du ein einheitliches, nachvollziehbares Bild abgeben. Es ist schließlich höchst verwirrend, wenn jemand von einem locker-flockigen Social Account auf eine extrem dröge Website geschickt wird. Das passt nicht zusammen. Ausnahmen kann es geben, sollten aber gut überlegt sein.
Ein Beispiel: Wenn du dich für neue Mitarbeiter:innen interessant machst („Employer Branding“), dann kannst du die Regeln und Vorgaben ein wenig anpassen. Trotzdem sollte dein Auftritt hier nicht plötzlich einen vollkommen anderen Charakter zeigen.
Und zu guter Letzt hilft dir eine Brand Voice, wenn viele verschiedene Personen, Abteilungen oder gar externe Dienstleister an deinen Inhalten arbeiten. Bisweilen kommen Texte auch von Personen, die gar nicht für Content zuständig sind – etwa bei dem bereits angesprochenen Beispiel mit den Fehlermeldungen in einem Formular, die eine externe Agentur beisteuert. Das wirkt dann schnell uneinheitlich und unprofessionell.
Zugleich ist eine solche Brand Voice nicht nur für größere Unternehmen oder Agenturen lohnend und wichtig, sondern gerade auch für Freelancer:innen: Schließlich ist sie deine Chance, positiv aufzufallen und genau jene Eigenschaften zu transportieren, nach denen deine zukünftigen Kund:innen suchen. Du kannst damit sogar beeinflussen, wer sich darin wiederfindet, wer dich also kontaktiert und wer nicht.
Zusammengefasst hilft dir eine definierte Brand Voice damit auf drei Arten:
- Sie kann dafür sorgen, dass du dich von Wettbewerbern abhebst und besser wiedererkennbar wirst.
- Sie spricht deine erhoffte Zielgruppe an, so dass sie dich positiv(er) wahrnimmt.
- Sie gibt dir Richtlinien für Inhalte, die du an Kolleg:innen, externe Partner und andere weiterleiten kannst. Oder die dich selbst daran erinnern, was du dir vorgenommen hast.
Wonach solltest du deine Brand Voice ausrichten?
Wenn du deine Brand Voice entwickeln möchtest, weißt du im Idealfall bereits, wie deine Marke auftreten soll. Vielleicht gibt es ein sogenanntes Mission Statement und andere grundlegende Definitionen, die du zur Hand nehmen kannst.
Dazu musst du wiederum wissen, wer zur angepeilten Zielgruppe gehört und welche Erwartungen es dort gibt. Richtig eingesetzt, hilft dir die Brand Voice, eine Beziehung zu diesen Personen aufzubauen, unterstützt durch dein Content Marketing. Außerdem ist es hilfreich, dich in deiner Branche umzusehen: Wie treten andere auf? Was gefällt dir? Was ist eher langweilig und austauschbar? Wie kannst du dich dort positiv abheben?
Generell wird empfohlen, auch an dieser Stelle „authentisch“ zu sein. Gemeint ist damit, dass es zu dir, dem Unternehmen, den Produkten und Angeboten passen sollte. Ein erzkonservatives Unternehmen, das plötzlich jung und „edgy“ erscheinen will, erinnert ansonsten schnell an das Meme „How do you do, fellow kids?. Oder wie Content Strategin Lauren Pope es ausdrückt:
„Your voice needs to be authentic, which means it feels right coming from your brand. If you’re a hundred-year-old global banking corporation it’ll be jarring if you start to talk like a BuzzFeed listicle.“
Ein anderes Beispiel sind Freelancer:innen, die sich wie eine Agentur präsentieren, inklusive „herrschaftlichem Wir“. Sie wecken damit falsche Erwartungen und ziehen sehr wahrscheinlich unpassende Interessenten an. Zudem werden die Kund:innen diese Kulissen über kurz oder lang als solche erkennen – nicht gerade eine vertrauensbildende Maßnahme.
Copywriterin Natalia Toborek bringt es wie folgt auf den Punkt: Eine Brand Voice findet sich in der Schnittmenge zwischen deiner einzigartigen Stimme und Persönlichkeit auf der einen Seite, auf der anderen Seite steht, wie du dich deinen (potenziellen) Kund:innen präsentieren möchtest. Es kommt also beides zusammen: Was dich oder dein Unternehmen ausmacht und was deine erhoffte Zielgruppe anspricht.
Brand Voice entwickeln
Stellt sich noch die alles entscheidende Frage, wie du deine eigene Brand Voice entwickelst und findest. Die Content Strategin Lauren Pope sieht die folgenden vier Faktoren als das Fundament dafür an:
- Persönlichkeit: Die Eigenschaften und Qualitäten, die die Brand Voice verkörpert
- Tonfall bzw. Tonalität: Die vermittelten Gefühle oder Stimmungen
- Rhythmus: Das Tempo und die Struktur
- Wortschatz: Die verwendeten Wörter
Schauen wir uns diese vier Punkte einmal genauer an:
Persönlichkeit zeigen
Die Persönlichkeit sollte zu den Werten und Zielen des Unternehmens passen. Das bedeutet nicht nur, dass sie „authentisch“ sein sollte, wie oben schon beschrieben. Sondern dass sie die Zielstellungen und Strategie direkt unterstützt. Wähle also eine Stimme nicht (allein) danach aus, was dir am besten gefällt oder was gerade angesagt scheint.
Lauren Pope empfiehlt, die Persönlichkeit zudem nicht nur mit Adjektiven zu definieren, sondern eine Charakterbeschreibung zu verfassen. Das soll allen Beteiligten dabei helfen, in diese Figur zu schlüpfen, wenn sie etwas schreiben. Hilfreich sind konkrete Beispiele dafür, wie sich diese Persönlichkeitsmerkmale auswirken.
Tonalität(en) festlegen
Die Tonalität wiederum wandelt die Persönlichkeit passend zur Situation ab – genauso wie wir als Menschen eine Stimme und einen Charakter haben, aber je nach Situation unterschiedlich klingen können. Der Tonfall soll bei der Brand Voice bestimmte Gefühle oder Stimmungen vermitteln und variiert sie ausgehend von der Persönlichkeit.
Dazu ist es wichtig, die eigene Zielgruppe gut zu kennen: Was wollen oder brauchen diese Menschen? Wie möchten sie angesprochen werden? Was finden sie, ganz wortwörtlich, ansprechend in ihrer Situation? Idealerweise hältst du in den Richtlinien fest, wen du adressieren möchtest und was du mit deiner Tonalität vermitteln willst. Auch hier sind Beispiele hilfreich.
Rhythmus finden
Der Rhythmus als dritter Faktor bestimmt die Wirkung eines Textes stärker, als dir eventuell bewusst ist. Ein Beispiel: Prägnante Aussagen brauchen kurze Sätze. Der vorherige Satz ist ein Beispiel dafür. Allein mit kurzen Sätzen wirkt ein Text aber abgehackt. Er klingt mehr wie ein Telegramm. Auf Dauer wird das ermüdend.
Hier kommt die Struktur ins Spiel, die immer mal wieder für Abwechslung sorgt. Allein mit der Länge und dem Aufbau deiner Sätze kannst du beeinflussen, wie dein Text wirkt: schnell und laut, gemächlich und leise … Darüber kannst du also verstärken oder abschwächen, was du dir bei Persönlichkeit und Tonalität vorgenommen hast.
Wortschatz definieren
Der Wortschatz bezieht sich zu guter Letzt darauf, welche Wörter du verwendest und welche nicht. Auch hier spielt eine entscheidende Rolle, wer zur Zielgruppe gehört: Soll eine breite Öffentlichkeit angesprochen werden oder fachlich versierte Personen? Auch hier kann es Varianten je nach Anwendungsfall und Kontext geben: Privatpersonen sprichst du anders an als zum Beispiel Unternehmenskund:innen.
Hier kann es sinnvoll sein, ein bestimmtes Vokabular festzulegen und darüber hinaus festzuhalten, welche Begriffe nicht verwendet werden sollten, weil sie beispielsweise missverständlich sind. An dieser Stelle kann übrigens eine Keyword Recherche helfen, um genau die Begriffe zu finden, die deine Zielgruppe nutzt. Siehe den Beitrag Anleitung zur Keyword Recherche.
Schriftlich festhalten
Mit diesen vier Punkten bist du nun schon auf einem guten Weg. Ein Beitrag der Content Science Review empfiehlt ergänzend, die Ergebnisse schriftlich festzuhalten. Das gilt vor allem für große Organisationen, damit alle Beteiligten auf dem selben Stand sind. Das gilt aus meiner Sicht aber ebenso für Freelancer:innen, weil solche Feinheiten im Alltag doch schnell untergehen oder einige Monate später in Vergessenheit geraten sind.
Beispiele und Vorlagen
- Ein bekanntes Beispiel aus der Praxis stammt von MailChimp: Ihre Vorgaben zu „Voice and Tone“ sind eingebettet in einen umfassenden Content Style Guide. Weitere Beispiele für solche und ähnliche Richtlinien sind auf dieser Seite versammelt.
- Eine zusätzliche Anregung kann das Twitter Brand Voice Worksheet sein. Es bezieht sich zwar auf Tweets, lässt sich aber für andere Anwendungsfälle gut adaptieren.
- Von HubSpot kannst du dieses Google Doc kopieren. Wie du siehst, ist es denkbar simpel: Dort wird empfohlen, drei bis fünf Eigenschaften deiner Brand Voice festzuhalten, um dann jeweils eine Beschreibung zu ergänzen. Die Spalten „Do“ und „Don’t“ sind Beispiele dafür, was man tun und lassen sollte.
An diesen Beispielen und Vorlagen siehst du außerdem, dass eine Brand Voice nicht so kompliziert ist, wie es in der Theorie vielleicht klingt. Zwar solltest du Zeit und Mühe in deine Überlegungen investieren, aber es reicht vollkommen, wenn am Ende eine kurze, übersichtliche Zusammenfassung herauskommt. Das ist sogar besser, denn wer will schon dutzende Seiten lesen, nur um einen Social Media Post zu schreiben?
Deine Fragen zum Thema Brand Voice
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